Personalsuche barrierefrei umsetzen

Personalsuche ist für Unternehmer:innen und Personalverantwortliche immer ein umfangreicher Prozess. Wenn es darum geht, Menschen mit Behinderungen einzustellen, fehlt vielerorts das Wissen, aber auch Wille und Mut für einen solchen Schritt. Für viele Unternehmen stellen sich folgende Fragen: Kann ich Menschen mit Behinderungen einstellen? Welche Position kann eine Person mit Behinderung übernehmen? Ist mein Betrieb gerüstet und sind meine Mitarbeiter:innen bereit dafür?

Ein Überblick für Unternehmen

Auf dieser Seite sollen Unsicherheiten beseitigt werden und Fragen beantwortet werden. Für weiterführende Informationen sind unsere Expert:innen auch gerne für Sie erreichbar. Schreiben Sie ein Email an access(at)oeziv(dot)org.

Wussten Sie dass...

  • Behinderungen so unterschiedlich sind wie die Mitarbeiter:innen in Ihrem Unternehmen?
  • eine Behinderung mit einem Arbeitsverhältnis meist gut vereinbar ist?
  • dass Menschen mit Behinderung auf ihre Fähigkeiten und Talente angesprochen und nicht auf Einschränkungen reduziert werden wollen.
  • Menschen mit Behinderungen genauso motiviert sind, eine passende Position zu finden?
  • der jeweilige Grad der Behinderung keine Aussagekraft über Arbeitsleistung, Engagement und Wissen hat?
  • Mitarbeiter:innen mit Behinderungen oftmals ihren Arbeitsplatz sehr schätzen und als loyale Mitarbeiter:innen geschätzt werden?
  • Mitarbeiter:innen mit besonderem Kündigungsschutz dennoch grundsätzlich kündbar sind?
  • es eine Reihe an kostenfreien Beratungen und Unterstützungen gibt, um Personen im Unternehmen einzugliedern?
  • Sie mit der Einstellung von Menschen mit Behinderung zu einer inklusiveren Gesellschaft beitragen können?

Was wollen wir?

Unternehmen zu ermutigen, sich mit der Einstellung von Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen, ist uns ein großes Anliegen. Dabei geht es darum, ein defizitorientiertes Denken abzulegen. Wir wollen Fähigkeiten und Talente in den Vordergrund rücken, die bei manchen Menschen vielleicht nicht auf den ersten Blick erkennbar sind.

Wir setzen uns dafür ein, dass Menschen eine faire Chance bekommen, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten am Arbeitsmarkt unter Beweis zu stellen. Gerade in wirtschaftlich und gesellschaftlich herausfordernden Zeiten ist das nicht selbstverständlich. Ziel ist es, möglichst allen Menschen ein – auch finanziell - selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Wovon können Unternehmen profitieren?

Was die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen betrifft, sind oftmals beide Seiten vorsichtig und unsicher. Für Unternehmen gibt es aber eine Reihe an Argumenten, die für eine Einstellung von Menschen mit Behinderungen sprechen.
In finanzieller Hinsicht gibt es einige Fördermöglichkeiten und steuerlichen Vorteilen. Bei Erfüllung der Beschäftigungspflicht besteht durch Entfall oder Reduktion der Ausgleichstaxe Einsparungspotenzial.

  • Abgaben- und Steuervorteile:
    Bei Arbeitslöhnen von begünstigt behinderten Mitarbeiter:innen entfällt z.B. der Dienstgeber:innenbeitrag, der Zuschlag zum Dienstgeber:innenbeitrag, die Kommunalsteuer und auch die U-Bahnsteuer (in Wien).
  • Prämie für die Einstellung von begünstigt behinderten Lehrlingen:
    Für die Beschäftigung von in Ausbildung stehenden begünstigt behinderten Personen bekommen Unternehmen vom Sozialministeriumservice eine monatliche Prämie aus den Mitteln des Ausgleichstaxfonds in Höhe der jeweils aktuellen einfachen Ausgleichstaxe.
  • Fördermöglichkeiten:
    Unternehmen können u.a. vom Sozialministeriumservice für ihre begünstigt behinderten Mitarbeiter:innen bestimmte Lohnförderungen erhalten. Dies sind z.B. Entgeltszuschuss, Inklusionsförderung und InklusionsförderungPlus. Mehr Informationen zu Lohnförderungen des Sozialministeriumservice.
    Für bestimmte Förderungen ist der Behindertenpass ausreichend. Das betrifft beispielsweise den Arbeitsplatzsicherungszuschuss oder Förderungen zur barrierefreien Arbeitsplatzadaptierung für Arbeitnehmer:innen.

Neben finanziellen Aspekten profitieren Unternehmen auch von anderen, persönlichen Themen wie zum Beispiel:

  • mehr Diversität und eine inklusivere Unternehmenskultur – viele Studien zeigen, dass diverse Teams produktiver und innovativer sind.
  • Talente zu fördern und Personen entsprechend richtig einzusetzen fördert Motivation und Loyalität aller Dienstnehmer:innen.

 

Rechtliche und finanzielle Aspekte

In rechtlicher und finanzieller Hinsicht gibt es bei der Einstellung von Menschen mit Behinderungen eine Reihe von Themen, die zu beachten sind.

Worauf sollten Unternehmen achten?

Besonderer Kündigungsschutz nach dem BEinstG:
Für begünstigt behinderte Personen (Grad der Behinderung von mindestens 50%, Nachweis: Feststellungsbescheid des Sozialministeriumservice) gilt ein besonderer Kündigungsschutz. Das bedeutet, dass eine Arbeitgeber:innen-Kündigung nur mit Zustimmung des Behindertenausschusses rechtswirksam ist.
Der besondere Kündigungsschutz wird grundsätzlich erst nach Ablauf von vier Jahren des Dienstverhältnisses wirksam.

Verfügt der/die Dienstnehmer:in zu Beginn des Dienstverhältnisses noch nicht über die Begünstigteneigenschaft und stellt den Antrag während dem laufenden Dienstverhältnis, so gilt der besondere Kündigungsschutz ab dem Zeitpunkt der Begünstigteneigenschaft, frühestens aber nach Ablauf von sechs Monaten ab Beginn des Arbeitsverhältnisses.
Ausnahme: Im Falle eines Arbeitsunfalles wirkt der besondere Kündigungsschutz auc

Beschäftigungspflicht für Unternehmen:
Unternehmen mit 25 oder mehr Beschäftigten müssen für jeweils 25 Mitarbeiter:innen eine begünstigt behinderte Person einzustellen. Für jede offene Pflichtstelle haben Unternehmen monatlich eine Ausgleichstaxe zu bezahlen. Aktuelle Werte der Ausgleichstaxe sind unter www.sozialministeriumservice.at zu finden.

Diskriminierungsverbot in der Arbeitswelt:
Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses (inklusive dessen Anbahnung, Begründung und Beendigung) dürfen Menschen mit Behinderungen nicht diskriminiert werden. Die Regelungen im Detail sind im Behinderteneinstellungsgesetz (§§ 7a ff) zu finden.

FAQ für Unternehmen

  • Stimmt es, dass ich Mitarbeiter:innen mit Behinderung beschäftigen muss?
    Unternehmen mit 25 oder mehr Beschäftigten haben pro 25 Mitarbeiter:innen je eine begünstigt behinderte Person einzustellen. Wird diese Beschäftigungspflicht nicht erfüllt, ist für jede nicht besetzte Pflichtstelle eine Ausgleichstaxe (gestaffelt nach Anzahl der Beschäftigten) zu bezahlen.
  • Wann habe ich den „besonderen Kündigungsschutz“ zu beachten?
    Will ein Unternehmen eine:n begünstigt behinderte:n Mitarbeiter:in kündigen, ist die vorherige Zustimmung des Behindertenausschusses erforderlich. Bei folgenden Beendigungsformen sind die Regeln des besonderen Kündigungsschutzes nicht zu beachten: einvernehmliche Auflösung, Probezeit, Entlassung, Ablauf der Befristung, vorzeitiger Austritt
  • Welche Unterstützungen gibt es für Unternehmen bei der Beschäftigung von Mitarbeiter:innen mit Behinderung?
    • Sozialministeriumservice: Individualförderungen in den Bereichen Arbeit und Ausbildung (zB Arbeitsplatzadaptierungen), Lohnförderung, Mobilität
    • AMS: Eingliederungsbeihilfe
    • Darüber hinaus ergeben sich steuerliche Vorteile.
    • Es ist keine Ausgleichstaxe zu zahlen.
    • Für Lehrlinge mit Behinderungen wird eine Prämie bezahlt


Barrierefreiheit am Arbeitsplatz

Ob sich Mitarbeiter:innen mit Behinderung an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen, wertgeschätzt fühlen und somit auch die erwartete Leistung erbringen können, hängt auch vom Arbeitsumfeld ab.

Barrierefreiheit für Mitarbeiter:innen

So individuell wie ihr Unternehmen und ihre Mitarbeiter:innen, sind auch unterschiedliche Formen von Behinderungen. Daher lassen sich schwer allgemeine Aussagen tätigen, wie ein Arbeitsplatz barrierefrei aussehen soll. Wenn Sie sich an die folgenden Tipps halten, sind Sie als Arbeitgeber:in auf einem guten Weg:

  • Sprechen Sie mit der betreffenden Person ganz offen und erfragen, was für sie wichtig ist.
  • Denken Sie daran, dass die geleistete Arbeit und die Motivation von Mitarbeiter:innen auch von den Voraussetzungen am Arbeitsplatz abhängen.
  • Achten Sie darauf, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt am Arbeitsalltag teilhaben können.

Voraussetzungen am Arbeitsplatz

Welche Voraussetzungen braucht es, um einen Arbeitsplatz barrierefrei zu gestalten. Dafür hilft es oft, einen üblichen Arbeitstag im Kopf durchzugehen. Idealerweise passiert das schon im Vorfeld der Personalsuche. Bei Bedarf besprechen Sie das mit selbst betroffenen Personen oder Expert:innen. Wir unterstützen dabei gerne.

Im Folgenden sind Themen zusammengefasst, die Sie schon vorab bedenken können:

  • Teamgefüge und Mitarbeiter:innen
    • Klären Sie Ihre Motivation zur Einstellung von Mitarbeiter:innen mit Behinderung im Team
    • Sind Mitarbeiter:innen auf neue Kolleg:innen vorbereitet?
    • Sollten Mitarbeiter:innen sensibilisiert werden, um mit Kolleg:innen mit Behinderung zu kooperieren?
    • Klären Sie vorab, wo die neue Person eingesetzt wird und wie die Zusammenarbeit aussehen kann.
  • Die Position
    • Welche Form von Behinderung ist mit der Position gut vereinbar?
    • Welchen Vorteil hat das Unternehmen oder Team von der neuen Person oder Position?
    • Ist das Unternehmen gerüstet? Ist der Arbeitsplatz möglichst barrierefrei und wie ist die Einstellung im Team?
  • Barrierefreier Arbeitsplatz
    • Ist die Anreise zum Arbeitsplatz barrierefrei möglich?
      • Sind die notwendigen öffentliche Verkehrsmittel barrierefrei?
      • Steht z.b. ein barrierefreier Parkplatz zur Verfügung?
    • Ist für die Person ein geeigneter Arbeitsplatz vorhanden und ist der Arbeitsplatz barrierefrei zugänglich und nutzbar?
      • Vielleicht ist eine andere Anordnung der Schreibtische sinnvoll
    • Sind für die Person oder den Arbeitsplatz bestimmte Hilfsmittel notwendig?
    • Sind bauliche Maßnahmen notwendig um Barrierefreiheit zu gewährleisten?
    • Ist mehr Barrierefreiheit möglichweiser für alle Mitarbeiter:innen eine Bereicherung?
    • Sind alle für die Position notwendigen Räumlichkeiten und Angebote nutzbar?
      • Hilft es z.B. wenn Möbel im Besprechungsraum umgestellt werden?
    • Braucht es zusätzlich Hardware oder Software?
      • Oft bringen kleine Investitionen einen großen Mehrwert.
    • Bringt die neue Person zusätzliches Wissen ins Team?
      • Know How in der barrierefreien Umsetzung von Content auf der Website oder auf Social Media.
      • Grundlagen in Gebärdensprache.
    • Weiterführende Informationen zur barrierefreien Gestaltung von Arbeitsplätzen.

 

Der Recruitingprozess

In der Personalsuche und in Bewerbungsprozessen ist das Thema „Einstellung von Menschen mit Behinderungen“ für verantwortliche Personen im Unternehmen oft nicht einfach zu handhaben. Es fehlen Wissen und Erfahrung im Umgang mit Menschen mit Behinderungen. Auch ist die Umsetzung der Stellenausschreibung oder die Wahl der richtigen Formulierungen ein Thema. Was darf und was soll im Bewerbungsprozess angesprochen werden? Diese Fragen sind nicht immer klar. Worauf ist außerdem zu achten?

  • Abklären, welchen Vorteil die offene Position für Unternehmen, Kunden oder Team hat?
  • Wie finde ich passende Personen für die ausgeschriebene Position?
  • Welche Anforderungen an Bewerber:innen gibt es? Wer kommt für die Position in Frage?
    • Welche Ausbildung ist wesentlich?
    • Sind Personen aufgrund ihrer bestimmten Behinderungsform für diese Position (gut) geeignet?
      • Z.B. Für einen Job, in dem Telefongespräche wichtig sind, ist eine Seheinschränkung kein Hindernis.
    • Ergeben es sich für das Unternehmen aufgrund einer Behinderung von Mitarbeiter:innen Wissens- oder Erfahrungsvorteile?
  • Welche Kompetenzen sind für die Position wichtig?
    • Lassen sich Kompetenzen für eine Position und mögliche Behinderung gut vereinbaren?
  • Wird die Position neu geschaffen oder gibt es diese Position bereits?
    • Mögliche Kandidat:innen mit Behinderungen schon bei Planung und Ausschreibung der Position mit bedenken.
    • Sollte die bestehende Position adaptiert werden wenn jemand mit Behinderung eingestellt wird?
      • Z.B. kann eine IT Stelle um das Thema digitale Barrierefreiheit erweitert werden.
  • Wie wird das Team auf neuen Mitarbeiter:innen, speziell auf Mitarbeiter:innen mit Behinderungen, vorbereitet?
    • Durch Sensibilisierungen kann Offenheit, Vielfalt und Diversität im Team gefördert werden.
  • Wie lässt sich Barrierefreiheit in die Personalsuche integrieren?
    • Wählen Sie eine Plattform für die Ausschreibung, um auch Menschen mit Behinderungen auf die Position aufmerksam zu machen. Hier können Angebote wie NEBA Betriebsservice oder Arbeitsassistenz Unterstützung anbieten.
    • Wählen Sie in Stellenausschreibungen Formulierungen, die alle Menschen berücksichtigen.
      • Wenden Sie sich bei Stellenausschreibungen an alle Menschen und sprechen Sie auch Menschen mit Behinderungen aktiv an.
    • Wählen Sie für die Stellenausschreibung passende Formate, die möglichst barrierefrei sind.
      • Bieten Sie Informationen in verständlicher Sprache an.
      • Achten Sie auf sensible Formulierungen – vor allem in Verbindung mit Menschen mit Behinderungen.
      • Achten Sie darauf, dass die Ausschreibung (z.B. PDF Dokument) auch barrierefrei gestaltet ist.
      • Auch auf Social Media lassen sich Informationen barrierefrei gestalten. Das betrifft vor allem Alternativtexte für Bilder.

Kontaktadressen

Folgende Angebote und Organisationen stehen Ihnen zur Verfügung, um einen Recruitingprozess möglichst barrierefreie umzusetzen. Außerdem unterstützen die Angebote bei der Personalsuche und Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in das Unternehmen.

ÖZIV ACCESS
Informationen zu barrierefreier Gestaltung Dokumenten und Ausschreibungen. Unterstützung bei der Planung von inklusiven Recruitingprozessen.

ÖZIV Arbeitsassistenz
Unterstützung für Unternehmen bei der Personalsuche von Menschen mit Behinderungen

NEBA Betriebsservice
Kostenfreies Informationsangebot für Unternehmen bei der Personalsuche für Menschen mit Behinderungen